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„Beste Lohnabschlüsse mit starken Gewerkschaften“

vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit im Interview über erfolgreiche KV-Verhandlungen und Bahn-Chaos.

vida-Magazin: Laut EU-Kommission liegt Österreich bei Reallohn-Erhöhungen 2024 hinter Dänemark auf Platz 2. Wie haben wir es aufs Podest geschafft?

Roman Hebenstreit: Nicht nur die Kommission, auch österreichische Stellen bestätigen den Anstieg der Reallöhne. Die Daten belegen die wichtige Rolle der Gewerkschaften, wenn es um die Sicherung der Kaufkraft geht. Länder mit starken Gewerkschaften und funktionierenden Sozialpartnerschaften erreichen die höchsten Reallohn-Erhöhungen. Konkret heißt das, dass die Einkommen der Arbeitnehmer:innen in Österreich pro Kopf real um 2,4 Prozent über die für heuer prognostizierte Teuerung wachsen. Insbesondere in Zeiten, in denen die Bundesregierung im Kampf gegen die enorme Teuerung und den wirtschaftlichen Abschwung kläglich versagt, wird damit die unverzichtbare Rolle der Gewerkschaften unterstrichen.

vida-Magazin: Wie sieht es mit dem Beitrag der vida an diesem Erfolg aus?

Roman Hebenstreit: Es ist uns durch die Unterstützung unserer Mitglieder gelungen, auch in den vida-Branchen Lohnerhöhungen deutlich über der aktuellen Inflationsrate von 4,3 Prozent zu erreichen. Auch bei den letzten KV-Abschlüssen konnten wir zwischen 8 und mehr als 10 Prozent erreichen. Dazu zählen Bereiche wie Rotes Kreuz, Ordensspitäler OÖ, Handelsarbeiter:innen, Hausbesorgung und Hausbetreuung, Binnenschifffahrt auf der Donau, Kindergartenassistent:innen, Beschäftigte in Haushalten, Taxi- und Mietwagen, Reinigung und Bewachung, Lkw-Lenker:innen und Kleintransportgewerbe, um nur einige zu nennen. Daher meine Bitte: Falls ihr jemand kennt, der noch nicht Gewerkschaftsmitglied ist, dann überzeugt ihn von den Vorteilen eines vida-Beitritts. Denn je mehr wir sind, desto stärker ist unsere Verhandlungsposition in den Lohnrunden.

vida-Magazin: Themenwechsel. Zugausfälle und Personalmangel bei den ÖBB: Was unternimmt die vida?

Roman Hebenstreit: Wir fordern eine Ausweitung der Ausbildungskapazitäten, wie etwa eine Verdoppelung der Lehrplätze. Wer Fachkräfte braucht, muss sie auch ausbilden und nicht aus Indien holen, wie es die ÖBB versuchen. Zudem haben wir im Aufsichtsrat gefordert, dass es keine Boni-Zahlungen für das Top-Management geben kann. Denn für schlechte Noten kann es keine Zuckerl geben. Die Mitarbeiter:innen haben sich jedenfalls eine Eins plus verdient. Unsere Kolleg:innen haben alles gegeben, um unter den gegebenen Rahmenbedingungen den Laden am Laufen zu halten.

vida-Magazin: Wo liegen die Ursachen für das Bahn-Chaos?

Roman Hebenstreit: Die Politik hat Einsparungen gefordert und das Management hat diese Forderungen erfüllt. Insgesamt haben die ÖBB-Bediensteten im Vorjahr vier Millionen Überstunden geleistet, davon entfällt mehr als eine Million allein auf die Lokführer:innen. Da ist Not an der Frau und am Mann. In den nächsten sechs Jahren suchen die ÖBB wegen anstehender Pensionierungen und erhöhter Personalfluktuation 19.000 neue Mitarbeiter:innen. Die ÖBB hätten dafür rechtzeitig Vorsorge treffen müssen. Wenn junge Menschen dauerhaft eine hohe Anzahl an Überstunden leisten müssen, dann orientieren sie sich anderweitig, weil sie neben der Arbeit auch ein Leben haben wollen. Politik und Management haben auch dafür gesorgt, dass immer mehr Züge „schaffnerlos“ fahren. In der Krise rächt sich das, weil kein Personal mehr vor Ort ist, das mit den Kunden kommunizieren kann. Wenn man Gewinne maximieren und die Wettbewerbsfähigkeit steigern will, dann verliert man an Flexibilität und Krisenfestigkeit als Bahnunternehmen. Die negativen Auswirkungen dessen gehen zulasten der Beschäftigten und der Fahrgäste.


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